Wir brauchen ganz dringend Snapchat!

Die DMEXCO 2016 (Digital Marketing Exposition & Conference, dmexco.de) hat gezeigt, dass sich Snapchat mittlerweile auch im deutschsprachigen Raum wachsender Beliebtheit erfreut. Marketer aus allen Bereichen drängten sich am 14. September 2016 dicht bei dicht, um Imran Khan, CSO bei Snapchat, bei seinem Vortrag „Storytelling in The Age of Snapchat“ zu erleben. In den USA drohen Snapchat-Berühmtheiten wie Julieanna Goddard (auf Snapchat: „Yesjulz“) etablierten Youtubern den Rang als Werbepartner für große Firmen abzulaufen. Die Branche ist sich einig, dass im Jahr 2017 mobile Anwendungen eine wichtigere Rolle spielen werden als Desktopanwendungen. Daher brauchen wir jetzt alle dringend ein soziales Netzwerk, welches auf dem Smartphone für das Smartphone entstanden ist. Schließlich snappt selbst Michelle Obama, die amtierende „first lady“ der USA, zu ihrem sozialen Engagement – wenn auch relativ unregelmäßig. Wir brauchen alle Snapchat! Oder? Wie funktioniert diese App überhaupt? Welche Relevanz hat Snapchat wirklich und wie kann ich Snapchat für mein Online-Marketing nutzen?

Snapchat – die DMEXCO 2016 zeigte, dass Snapchat im deutschsprachigen Raum gerade einen Hype erfährt. Doch was ist die App als Marketinginstrument zu leisten imstande?

Wer ist eigentlich dieser Snapchat?

Wie bereits angedeutet erfährt Snapchat als Marketinginstrument zumindest im deutschsprachigen Raum gerade einen Hype und erscheint als soziales Netzwerk brandneu. Tatsächlich entwächst Snapchat aufgrund seines Gründungsjahres von 2011 aber gerade schon seinen Kinderschuhen. Snapchat funktionierte als Instant-Messaging-App vom Start weg anders als alle bisher dagewesenen sozialen Netzwerke. Die Vergangenheitsform muss an dieser Stelle korrekterweise platziert werden, da eine kleine Änderung am Echtzeit-Charakter der App sowie das Konkurrenzprodukt von Instagram – die „Instagram Stories“ – die Verhältnisse ein wenig verschoben haben. Grundsätzlich ändert das jedoch nichts an der Funktionsweise von Snapchat, wonach kurze Videosequenzen und Bilder unter Freunden bzw. an einer virtuellen Schautafel (die „Story“) geteilt werden, welche sich nach 24 Stunden selbstständig löschen. Daran angegliedert ist eine einfache Chatfunktion. Über die Anzahl der Freunde oder Follower hat der Nutzer im Vergleich zu anderen sozialen Netzwerken jedoch keine absolute Sicherheit, sondern kann ausschließlich die Anzahl der Video- bzw. Bildabrufe mit Gewissheit nachvollziehen. Bereits Mitte Mai 2016 überstiegen die gesamten monatlichen Videoabrufe die Marke von 10 Milliarden, wodurch Snapchat Facebook oder selbst Youtube den Rang ablief. Nach Aussagen Imran Khans auf der DMEXCO 2016 läge man mittlerweile bei 10 Milliarden Videoabrufen pro Tag.

Snapchat für das eigene Online Marketing nutzen

Unterhaltung und Spaß sind ein großer Anziehungspunkt für Aufmerksamkeit im Bereich Social Media, was nicht zuletzt die Popularität von Katzenvideos auf Facebook oder Twitter verdeutlicht. Aber auch simple Ideen oder Wissen auf den Punkt gebracht bzw. spezifische und für die jeweilige Zielgruppe relevante Inhalte bieten Ansatzpunkte für effektive Social-Media-Strategien. Der Erfolg von Snapchat gründet aufgrund der Filter, Animationen („lenses“) und individuellen Gestaltungsmöglichkeiten vorwiegend auf dem Spaß- und Unterhaltungsfaktor. Essentiell, wie bei jeder anderen Social-Media-Plattform, sind die Zielausrichtung, welche hinter einer Nutzung von Snapchat als Marketinginstrument steht, die Abstimmung der Inhalte auf diese Ziele sowie eine sinnvolle Integration in das übergreifende Marketingkonzept. Wer diese Konzeption mit den eigenen personellen Resourcen nicht leisten kann oder möchte, dem stehen wir als Kollektiv13 gern zur Seite. Zu bedenken ist jedoch gerade bei Snapchat, dass die Umsetzung zu einem überwiegenden Teil vom jeweiligen Unternehmen selbst übernehmen werden sollte, da die Interaktion mit Followern auf Snapchat eine andere Qualität hat und nicht anonym über „Likes“, „Shares“, „Comments“, „Pins“ oder „Retweets“ abgewickelt werden kann.

„Generation Z“ und Social Media

Im ersten Quartal 2016 löste Snapchat unter Jugendlichen in den USA mit einem Durchschnittsalter von 16,5 Jahren Instagram als beliebtestes soziales Netzwerk ab. Ebenso übersteigt die Nutzung von Snapchat als reinem Messenger-Service in der Gruppe der 16- bis 24-jährigen, wieder bezogen auf die USA, bereits jene von Whatsapp oder auch dem Facebook-Messenger. Nach Einschätzung von Richard Gutjahr, seines Zeichens Blogger und Journalist, bedient Snapchat die über die letzten 50 Jahre gesunkene Aufmerksamkeitsspanne von Menschen innerhalb westlicher Gesellschaften und prognostiziert eine weitere Fragmentierung des medialen Konsums. Das scheint vor allem dem Medienkonsumverhalten der sogenannten Millenials bzw. der Generation Z entgegenzukommen. Die Sport Bild, den Auflagen nach Deutschlands größte Sportzeitschrift, verzeichnet auf Facebook aktuell rund 470.000 Abonnenten, Mario Götze allein circa 10,8 Millionen Abonnenten. Auf dem sozialen Netzwerk Instagram, auf welchem einer Erhebung Thomas Hutters zufolge 35% der deutschen Nutzer unter 19 Jahre alt sind, verzeichnet Mario Götze 7,1 Millionen Follower, die Sport Bild knapp 26.000 Follower. Natürlich lassen die quantitativen Richtwerte keinen direkten Rückschluss auf die Interaktion und deren Qualität zu, aber es drängt sich mindestens die Annahme auf, dass die sogenannten Massenmedien sich schwer tun, jüngere Zielgruppen zu erreichen. Zudem ist Mario Götze seit November 2015 zusätzlich auf Snapchat aktiv und hat dies über seinen Facebook-Account promotet – eine Variante, die sehr sinnvoll ist, sofern man bereits über eine gute Reichweite auf Twitter, Facebook oder Youtube verfügt.

Sponsored Lenses – Gesponserte Filter für die eigene Kampagne

Die Twentieth Century Fox Film Corporation – ein amerikanisches Filmstudio, welches unter anderem durch die Comic-Serie “The Simpsons” bekannt ist – war 2015 das erste Unternehmen, welches zu Halloween eine „sponsored lense campaign“ auf Snapchat startete. Nutzer von Snapchat konnten die von ihnen erstellten Selfies oder Video-Selfies mit Masken und Filtern versehen, welche Charaktere aus dem Film „The Peanuts Movie“ (deutscher Titel: Die Peanuts – Der Film) darstellten. „Twentieth Century Fox“ nutzte die Begeisterung vornehmlich junger Nutzer, in die Rollen des Animationsfilms zu schlüpfen und die selbstgedrehten Szenen mit ihren Freunden zu teilen. Wer sich schon immer einmal Arm in Arm mit Snoopy ablichten wollte, bekam auf diese Weise Gelegenheit dazu. Offizielle Zahlen zum Preis der Kampagne wurden nie verlautbar. Die Financial Times ging jedoch zum damaligen Zeitpunkt davon aus, dass eine eintägige Werbeaktion um Halloween einen Gegenwert von 750.000 $ habe. Schätzungen zufolge soll Snapchat bereits im Jahr 2017 einen Erlös von einer Milliarde US-Dollar erzielen.

Klassische Werbung ist tot. Oder?

Laut Jerry Daykin – Partner der Agentur Carat Global Media in Großbritannien – können mittels gesponserter Filter auf Snapchat derartige Reichweiten generiert werden, welche durch Werbung im TV nur schwer zu erreichen seien. Daykins Einschätzung nach betrage die durchschnittliche Zeit der Verwendung eines Filters eine Minute und offeriere dem Nutzer aufgrund des persönlichen Charakters ein besonders individuelles Erlebnis. Man könnte nun auf die Idee kommen, dass klassische Werbung aufgrund derartiger Möglichkeiten obsolet sei. Genau das Gegenteil bewies jedoch der Limonadenhersteller Gatorade beim US-amerikanischen Superbowl 2016. Sie verzichteten nicht etwa auf einen Spot im TV, sondern boten zusätzlich einen Filter auf Snapchat an, welcher die traditionelle „Gatorade-Dusche“ nach dem Gewinn des Superbowls darstellte. Paul Marcum, Präsident der Agentur „Truffle Pig“, bezeichnete die Snapchat-Filter unlängst auf der DMEXCO gar als die Superbowl-Werbung der digitalen Medien. Während gesponserte Filter jedoch für Budgets ausgelegt sind, die kleine oder mittelständische Unternehmen nicht bewältigen können, verbleibt die andere Seite der Snapchat-Medaille jedoch auch für kleinere Unternehmen interessant. Sofern die eigene Zielgruppe sich aktiv auf Snapchat bewegt und mit anderen interagiert, kann es sinnvoll sein, jene Plattform in seine Social-Media-Strategie zu integrieren.

Snappen oder nicht snappen?

„Augmented Reality“ ist in aller Munde und in der Tat bietet Snapchat die Möglichkeit, seinen Kunden, Fans oder Freunden eine intensivere Teilnahme am persönlichen oder unternehmerischen Tun zu ermöglichen. Bewegt sich die jeweilige Zielgruppe aktiv auf Snapchat und kann ihnen durch eine Präsenz der Marke bzw. Person auf Snapchat ein Mehrwert geboten werden – sei es in Form von Unterhaltung, von Echtzeit-Nachrichten oder wissenswerten Hintergrundinformationen etc. – erscheint die App bereits interessant. Wer dann darüber hinaus noch bereit ist, sich privat oder als Marke zu exponieren und sich im Zweifelsfall bei Oma und Opa zum Kuchen auf Snapchat zu zeigen, für den- oder diejenigen steht einer aktiven Planung der Snapchat-Kampagne nichts mehr im Weg. Denn das gilt es bei aller Euphorie zu beachten – Persönlichkeit, Authentizität, im Grunde genommen ein individuelles Storytelling, erzielen auf Snapchat, mehr noch als in anderen sozialen Netzwerken, eine hohe Resonanz. Die Situation, dass so ziemlich alle Unternehmen noch an der Startlinie stehen, was die Nutzung von Snapchat für das eigene Marketing betrifft, ist jedoch einzigartig und dürfte ein Argument dafür sein, sich diese App einmal genauer anzusehen. Für Fragen zur sinnvollen Nutzung im konkreten Fall stehen wir, das Kollektiv13, gern zur Verfügung.

Norbert Nötzold

Norbert Nötzold

Smartes Social Media Marketing hat ein Gesicht – unseres heißt Norbert, ist Jahrgang 1987 und studierter Soziologe, der die PS für dich auf die Straße bringt.